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Die Erbfolge

Testierfreiheit und Testierfähigkeit

Die Erbfolge bestimmt sich zunächst nach dem Willen des Verstorbenen. Grundsätzlich gilt, dass jeder frei entscheiden darf, wer seine Erben sein sollen (sog.Testierfreiheit). Testierfähig ist allerdings erst, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Die Testierfähigkeit kann aber auch wieder entfallen (bspw. durch eine Demenz).

Nur wenige Menschen verfassen ein Testament

Längst nicht jeder hinterlässt übrigens bei seinem Tod neben dem Nachlass auch ein Testament. Nur rund 25-30% der Menschen in Deutschland machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, sich den oder die Erben ihres Vermögens selbst auszusuchen.

Fast alle können erben

Erbe kann werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt. Bereits gezeugte, aber noch nicht geborene Kinder gelten als vor dem Erbfall geboren. Neben Menschen (juristisch: natürliche Personen) können auch Vereine, Kapitalgesellschaften und Stiftungen erben.

Enterbung

Mit Enterbung ist gemeint, dass (zumeist die Kinder) nach dem Willen des Erblassers im Erbfall leer ausgehen sollen. Die Testierfreiheit reicht allerdings nicht so weit, dass bestimmte Personen (darunter die Abkömmlinge des Erblassers) vollständig „enterbt“ werden können (Stichwort: Pflichtteilsanspruch).

Die Erbengemeinschaft

Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft kann im Wesentlichen nur gemeinsam über den Nachlass verfügen (sog. Gesamthandsgemeinschaft).

Die gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge kommt nur dann zur Anwendung, wenn es weder Testament noch Erbvertrag gibt. Dann kommen die Regeln zur Erbfolge aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zur Anwendung.

Aber auch wenn es eine gewillkürte Erbfolge aufgrund eines Testaments oder Erbvertrages gibt, kann es zur gesetzlichen Erbfolge kommen. Dies ist z.B. in folgenden Fällen so:

  • Die Verfügung von Todes wegen ist nichtig, widerrufen worden oder wirksam angefochten.
  • Der durch Verfügung von Todes wegen eingesetzte Erbe hat die Erbschaft ahusgeschlagen, auf sie verzichtet oder ist für erbunwürdig erklärt worden und ein Ersatzerbe wurde nicht bestimmt.
  • Der eingesetzte Erbe ist noch vor dem Erbfall selbst verstorben und es gibt keinen Ersatzerben, der durch letztwillige Verfügung eingesetzt worden ist.

Wer erbt nach der gesetzlichen Erbfolge?

Gesetzlich vorgesehene Erben sind die Verwandten des Erblassers und der überlebende Ehegatte/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Erst wenn keine Verwandten oder Ehepartner vorhanden sind, fällt der Nachlass dem Fiskus zu.

Ordnungen und Stämme

Das gesetzliche Erbrecht ist von sogenannten Ordnungen und Stämmen bestimmt. Zu den Erben der 1. Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers, zu der 2. Ordnung die Eltern und deren Abkömmlinge und zu der 3. Ordnung die Großeltern und deren Abkömmlinge. Das kann z.B. so dargestellt werden:

Erbrecht Ordnungen

Innerhalb der 1. Ordnung bildet jedes Kind seinen eigenen Stamm.

Dies gilt entsprechend für die 2. Ordnung für die Eltern des Erblassers und für die 3. Ordnung für die Großeltern.

Sofern Erben in der 1. Ordnung vorhanden sind, werden die Erben der 2., 3. und höheren Ordnungen ausgeschlossen.

Jeder Stamm innerhalb einer Ordnung erbt gleichviel. Der „Stammhalter“ schließt die übrigen Stammesmitglieder nach seinem Stamm aus. Nur wenn der Stammhalter den Erbfall nicht erleben sollte, rücken die übrigen Stammesmitglieder in die Erbenstellung ein.

In unserer Illustration oben bedeutet das vorstehend Gesagte, dass der Erbe der 1. Ordnung nichts erben würde, wenn nicht sein Vater, sondern sein Großvater gestorben wäre und sein Vater dies noch erleben würde.

Verwandtschaftsverhältnisse nach dem Gesetz

Wer Abkömmling, Mutter oder Vater ist, richtet sich nach den Vorschriften des Familienrechts.

Vater ist zum Beispiel auch der nicht-biologische Vater eines Kindes, wenn er zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.

Für die Frage ob ein Kind der Abkömmling seines biologischen Vaters ist, kommt es hingegen nicht darauf an, dass seine Eltern verheiratet sind. Nichteheliche Kinder sind ehelichen Kindern grundsätzlich gleichgestellt.

Bei adoptierten Kindern können – insbesondere wenn diese bei der Adoption volljährig waren – im Einzelfall Einschränkungen beim Erbrecht vorliegen.

Das Ehegattenerbrecht

Bei der Betrachtung der gesetzlichen Erbfolge und der soeben beschriebenen Ordnungen spielte das Ehegattenerbrecht bislang keine Rolle. Der Ehegatte oder Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz kann auch keiner der genannten Ordnungen zugerechnet werden. Dennoch erbt er aufgrund seines Ehegattenerbrechts. Sein Erbrecht bzw. die Höhe des gesetzlichen Ehegattenerbteils bestimmt sich nach der Frage, in welchen Ordnungen Miterben vorhanden sind (1. zu klärende Frage) und in welchem Güterstand der überlebende Ehegatte mit dem Erblasser gelebt hat (2. zu klärende Frage).

1. zu klärende Frage: Welche Miterben sind vorhanden?

  • Erben der ersten Ordnung: Der überlebende Ehegatte erhält einen Erbeil von 1/4
  • Erben der zweiten Ordnung: Der überlebende Ehegatte erhält einen Erbeil von 1/2
  • Erben der dritten Ordnung: Der überlebende Ehegatte erhält einen Erbeil von 1/1

2. zu klärende Frage: In welchem Güterstand lebten die Ehegatten (Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz)

a) Zugewinngemeinschaft

Sofern durch Ehevertrag keine gesonderte Regelung getroffen wurde, leben Eheleute grundsätzlich im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der überlebende Ehegatte kann sich hier grundsätzlich überlegen, ob erdie sog. güterrechtliche Lösung oder die erbrechtliche Lösung vorzieht.

Der überlebende Ehegatte kann das Erbe ausschlagen und den konkreten Zugewinnausgleichsanspruch gegen die Erben geltend machen (sog. güterrechtliche Lösung). Der Zugewinnausgleichsanspruch ist grundsätzlich auf Geld gerichtet und der überlebende Ehegatte kann daher keine Ansprüche an konkreten Gegenständen im Nachlass stellen bzw. bei der Aufteilung des Nachlasses kein Mitspracherecht beanspruchen. Außerdem kann der Ehegatte keinen „Voraus des Ehegatten“ an den zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenständen geltend machen.

Demgegenüber sieht die sog. erbrechtliche Lösung vor, dass der überlebende Ehegatte eine Erhöhung seines Erbteils um 1/4 erhält. Das bedeutet, dass der Ehegatte neben Erben der 1. Ordnung im Ergebnis zu einer Quote von 1/2 erbt und neben Verwandten der 2. Ordnung zu 3/4. Sind keine Erben der 1. und 2. Ordnung vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

b) Gütertrennung

Sofern der überlebende Ehegatte mit dem Erblasser im Güterstand der Gütertrennung gelebt hat, sollte es gerade zu keinem Zugewinnausgleich kommen und kommt es daher auch zu keiner Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um 1/4. Es bleibt dabei, dass der Ehegatte neben den Erben der 1. Ordnung zu 1/4 und neben Erben der 2. Ordnung zu 1/2 erbt.

c) Gütergemeinschaft

Lebten die Eheleute im Güterstand der Gütergemeinschaft, so erbt der überlebende Ehegatte neben Erben der 1. Ordnung 1/4 an der dem verstorbenen Ehegatten zustehenden Hälfte des Gesamtguts und gegenüber Erben der 2. Ordnung die Hälfte von diesen Anteil am Gesamtgut. Entsprechendes gilt für Sondergut und Vorbehaltsgut, also Rechte, die nicht vergemeinschaftet werden können oder sollten.

Es besteht die Möglichkeit, durch Ehevertrag zu vereinbaren, dass die Erben des verstorbenen Ehegatten die Gütergemeinschaft mit dem längerlebenden Ehegatten fortsetzen (fortgesetzte Gütergemeinschaft, § 1483 BGB). Der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut gehört dann nicht zum Nachlass, weshalb auch keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden können.

Verlust des Ehegattenerbrechts?

Sofern zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Voraussetzung für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, ist das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen. Selbiges gilt für den sog. „Voraus des Ehegatten“.