Was hält das Versprechen, dass die einvernehmliche (Online-)Scheidung günstiger ist?
Eine Gebührensenkung durch eine Reduzierung des Streitwerts um 20 bis 30 % bei einer einvernehmlichen Scheidung wird von manchen Kanzleien als Möglichkeit angepriesen, Kosten zu sparen. Doch ist dies realistisch oder lediglich eine Marketingstrategie?
Keine Sonderregeln für die sog. Online-Scheidung.
Es gibt keine besonderen Gebühren für die Online-Scheidung. Eine reine Online-Scheidung ohne Gerichtstermin, bei dem die Ehepartner erscheinen müssen, gibt es (bislang) in Deutschland auch nicht. Man kann daher sagen, dass es eine Online-Scheidung nicht gibt und auch diese Vokabel, wie die angebliche Möglichkeit, Geld sparen zu können, eher Marketingsprech ist, als alles andere. Eine Online-Scheidung meint bislang schlicht: Der Auftrag für die Einreichung des Scheidungsantrags wird dem Anwalt online erteilt, ohne die Kanzlei von innen gesehen zu haben.
Ist eine einvernehmliche Scheidung kostengünstiger als eine streitige?
Informationen fraglicher Anbieter von sog. Online-Scheidungen zufolge werden auf verschiedenen Internetseiten Möglichkeiten zur Reduzierung des Verfahrenswerts bei einer einvernehmlichen Scheidungen beworben. Es wird oft empfohlen, einen entsprechenden Antrag bereits im Scheidungsantrag zu stellen, um die Kosten und auch bereits den Gerichtskostenvorschuss zu senken. Doch seien Sie nicht zu sehr enttäuscht: Nur, weil Sie sich einvernehmlich scheiden lassen, hat das noch keinen Einfluss auf den Verfahrenswert, der für die Kosten des Gerichtsverfahrens bestimmend ist und der letztlich vom Gericht festgesetzt wird. Wer anderes behauptet, bleibt meist die Begründung schuldig und wenn nicht, könnte diese sicherlich nicht überzeugen.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2016 – 10 WF 71/15
Allein der Umstand, dass eine einverständliche Scheidung vorliegt, rechtfertigt eine Herabsetzung des Verfahrenswerts nicht.
(amtlicher Leitsatz, OLG Brandenburg aaO; Rn. 34 aaO)
Eine Streitwertreduzierung ist nach dem Gesetz für den Fall der Einvernehmlichkeit einer Scheidung weder vorgesehen, noch Gerichtspraxis. Das OLG Brandenburg hat dem obergerichtlich auch ausdrücklich eine Absage erteilt und Gerichtsentscheidungen, die anderes nahelegen, sind hier nicht bekannt. Hier können Sie die Entscheidung im Volltext lesen (klick).
Halten Sie sich vor Augen: Bei der Scheidung geht es wirklich nur um die Scheidung selbst. Streitig wäre eine Scheidung daher nur, wenn bspw. strittig ist, ob die Ehe gescheitert ist. Finanzielle Fragen wie Unterhalt und Zugewinn spielen dabei keine Rolle, diese bringen ihre eigenen Verfahrenswerte mit sich, sofern sie im Verbund verhandelt werden. Was soll daher eine Reduktion der Verfahrenskosten rechtfertigen? Dass Sie sich nicht über den Trennungszeitpunkt streiten und auch nicht darüber, ob Sie geschieden werden sollten? Das fällt weder rechtlich, noch tatsächlich für die Bedeutung der Angelegenheit ins Gewicht. Das OLG Brandenburg hat zudem festgehalten, dass die einverständliche Scheidung heutzutage den Regelfall darstelle (aaO, Rn. 34). Diskussionen, ob streitige Scheidungen den Verfahrenswert erhöhen, werden andererseits nicht geführt, könnte man ergänzen.
Maßgeblich ist der Verfahrenswert, der vom Gericht bestimmt wird
Die Höhe der Gerichtskosten und der Mindestgebühr für den Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmt sich grundsätzlich nach dem Verfahrenswert, der vom Gericht festgesetzt wird. Der Verfahrenswert ist zwar bei einer einvernehmlichen Scheidung günstiger, als wenn auch noch über Folgesachen wie z.B. den Zugewinn im Verbund entschieden werden muss. An der Höhe des Verfahrenswerts für die reine Scheidung (ohne Klärung etwaiger Folgesachen wie den Zugewinn) ändert sich hierdurch aber rein gar nichts.
Wenn überhaupt, wird der Verfahrenswert durch das Gericht auf Antrag daher bei einer einvernehmlichen Scheidung aus Billigkeitserwägungen reduziert. Darauf sollte man sich aber lieber nicht verlassen.
Die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung wird daher mit oder ohne fragwürdigen Marketingversprechen gleich hoch ausfallen, wenn der Rechtsanwalt die Scheidung für die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgesehene Mindestgebühr für das gerichtliche Verfahren einreicht. Höhere Gebühren können auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung anfallen.
Gut zu wissen: Unsere Kanzlei rechnet bei einer einvernehmlichen Scheidung übrigens nur die gesetzliche Mindestgebühr nach dem RVG ab, wir sind daher nicht teurer oder günstiger, als Anbieter der sog. Online-Scheidung.
Wann sollte eine Antrag auf Reduzierung des Verfahrenswerts gestellt werden?
Wenn überhaupt, sollte der Antrag auf Reduzierung der Verfahrenskosten erst im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt werden, da er auf diese Weise das Verfahren nicht verzögern kann.
Es wird sogar dringend davon abgeraten, bereits im Scheidungsantrag eine Verfahrenswertreduzierung zu beantragen, da dies zu Verzögerungen führen könnte. Denn wenn sich das Gericht mit der Berechnung der Verfahrenskosten in der Antragsschrift des Rechtsanwalts schwertut und die Gerichtskosten ggf. gleich in regulärer Höhe anfordern will, landet die Akte vielleicht erst einmal auf dem Stapel der „schwierigen Fälle“. Die Erfolgsaussichten des Antrags sind darüber hinaus auch aus dem genannten Grund gering, weil es, wie gesagt, keine gesetzliche Grundlage für eine Kostenreduktion nur aufgrund der Einvernehmlichkeit einer Scheidung gibt.
Eine endgültige Festsetzung des Verfahrenswertes erfolgt üblicherweise erst im Scheidungstermin, wenn alle relevanten Punkte berücksichtigt werden können. Im Termin zur mündlichen Verhandlung sollte daher auch erst ein Antrag auf eine Reduzierung des Verfahrenswerts aufgrund der Einvernehmlichkeit der Scheidung beantragt werden. Ggf. hat man bei seinem Richter Glück und auch er freut sich darüber, wenn Sie Gebühren sparen können. Auf diese Hoffnung bauen kann man aber leider meist nicht.
Fazit:
Natürlich spart jeder gern Geld. Die Reduzierung der Kosten des gerichtlichen Scheidungsverfahrens durch die Einvernehmlichkeit einer Scheidung bleibt aber die absolute Ausnahme, für die es keine rechtliche Grundlage gibt. Eine Werbung von Rechtsanwälten, eine Kostenreduktion mit Sicherheit erreichen zu können, wäre nicht seriös. Diese Garantie wird auch meist nicht abgegeben und die fraglichen Verfahrensbevollmächtigten werden sich, wenn es schief geht, später aller Voraussicht nach darauf berufen, dass dieses Gericht anders als andere Gerichte eben nicht mitgespielt habe und die Schuld von sich weisen. Sie persönlich zahlen aber keinen Cent weniger für Ihre Scheidung und diese wird bei einer verfrühten Stellung des Antrags auf Kostenreduktion unter Umständen auch noch verzögert.